Riesling ist ein Fisch 
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Es gibt Rebsorten, die kommen und gehen. Und dann gibt es den Riesling. Er begleitet uns seit Jahrhunderten, hat Kriege und Klimaphasen ĂŒberstanden, Modewellen ignoriert – und ist bis heute der König der weißen Reben in Deutschland.

Geburt im Sternzeichen Fische

Am 13. MĂ€rz 1435 taucht zum ersten Mal der Name Rießlingen in einer Urkunde aus RĂŒsselsheim auf. Seitdem gilt dieses Datum als offizieller Geburtstag des Rieslings. Und weil der 13. MĂ€rz ins Sternzeichen Fische fĂ€llt, darf man mit einem Augenzwinkern sagen: Riesling ist ein Fisch.

Riesling und sein Revier

Der Riesling liebt die Herausforderung. Er reift spĂ€t, braucht kĂŒhle NĂ€chte, Sonne am Tag und vor allem eines: Geduld. Deshalb findet man ihn bevorzugt dort, wo der Weinbau an seine Grenzen stĂ¶ĂŸt – an den SteilhĂ€ngen von Mosel, Rheingau, Mittelrhein oder Nahe. Schiefer, Löss, Quarzit oder Granit prĂ€gen seinen Charakter. Genau diese Bedingungen lassen ihn sein unverwechselbares Aromenspiel entfalten: Zitrus, grĂŒner Apfel, Pfirsich, Aprikose, manchmal auch exotische AnklĂ€nge – immer getragen von einer klaren, lebendigen SĂ€ure.

Vielfalt im Glas

Riesling ist ChamĂ€leon und König zugleich. Er kann leichtfĂŒĂŸig und mineralisch daherkommen, wie ein frischer Gebirgsbach, oder tief und majestĂ€tisch wie ein großer Strom. Von knochentrocken ĂŒber feinherb bis zu edelsĂŒĂŸen Trockenbeerenauslesen spannt sich der Bogen. Kein Wunder, dass er als die Rebsorte mit der grĂ¶ĂŸten Stilvielfalt gilt.

Der SpĂ€tlesereiter und die große Wende

1775 kam es im Rheingau zu einer Episode, die bis heute nachhallt: Der legendĂ€re SpĂ€tlesereiter brachte verspĂ€tet die Leseerlaubnis fĂŒr Schloss Johannisberg. Inzwischen feiert dieses Ereignis ein besonderes JubilĂ€um – und es war der Startschuss fĂŒr eine völlig neue Kategorie im Weinbau. Denn durch das spĂ€tere Lesen und die EdelfĂ€ule entstanden Weine, die es so zuvor nicht gab: SpĂ€tlesen, Auslesen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen.

Besonders die Trockenbeerenauslesen von der Saar – allen voran jene von Egon MĂŒller – zĂ€hlen heute zu den teuersten und renommiertesten Weinen der Welt.
👉 Vom SpĂ€tlesereiter und den faszinierenden Geschichten der edelsĂŒĂŸen Rieslinge werde ich in einem eigenen Beitrag noch ausfĂŒhrlich erzĂ€hlen.

Riesling weltweit

Deutschland bleibt mit knapp 24.000 Hektar das Herzland des Rieslings, doch die Rebsorte hat lĂ€ngst ihre FlĂŒgel ausgebreitet: Sie wĂ€chst im Elsass, in Österreich, in Australien (Clare und Eden Valley), in Neuseeland, in Kanada und sogar in Chile. Überall zeigt er andere Facetten, bleibt sich aber in seiner DNA treu: fruchtig, sĂ€urebetont, langlebig.

Warum er uns so wichtig ist

Riesling ist mehr als eine Rebsorte – er ist Kulturgut und GedĂ€chtnis der Landschaft. Burgen, Klöster, alte KelterhĂ€user – wo Riesling wĂ€chst, da ist Geschichte spĂŒrbar. Und er beweist wie kein anderer Wein, dass Rebsorte und Herkunft eine Einheit bilden.

Mein erster Riesling-Unfall

Ich erinnere mich noch gut an meine erste Begegnung mit dem Riesling – und sie endete, sagen wir, ziemlich unsanft.

Damals, Anfang der 80er, betrieb ich mit meinem Bruder unter anderem die Stadthalle in BĂŒnde. Ein großes Haus mit Großem und Kleinen Saal, Restaurant und einer kleinen GaststĂ€tte. Sonntags war dort FrĂŒhschoppen-Zeit: die BĂŒnder Honoratioren trafen sich zum Knobeln. Die Regeln waren einfach – der Verlierer zahlte die Runde. Getrunken wurde, wie es sich in Ostwestfalen gehörte: Weizenkorn, Wacholder, Mineralwasser oder Barre Pils.

An diesem Sonntag war ich gemeinsam mit einen Mitarbeiter vor Ort und nutzte somit die Gelegenheit aktives Networking zu betreiben, dass heißt, ich konnte mit den StammgĂ€sten gemeinsam knobeln.

Einige Tage zuvor war ich frisch aus Mainz zurĂŒck, vom Deutschen Weininstitut. Dort hatte ich den Lehrgang zum Anerkannten Berater fĂŒr Deutschen Wein absolviert. Voller Enthusiasmus wollte ich nun zeigen, dass es auch jenseits von Korn und Pils spannende Alternativen gab. Also bestellte ich mir – ganz standesbewusst – jedes Mal ein Glas Mosel-Riesling. Trocken ausgebaut, aus der berĂŒhmten grĂŒnen Literflasche, mit dem gelben DWI-Siegel. FĂŒr 1982 durchaus modern.

Doch an diesem Sonntag ging es beim Knobeln hoch her – die Runden wurden schneller, die GlĂ€ser hĂ€ufiger. WĂ€hrend die Herren am Korn nippten, hĂ€ufte sich vor mir der Riesling. Mit jedem Glas stieg nicht nur der Alkoholpegel, sondern auch die SĂ€ure im Magen. Und irgendwann rebellierte der Körper.

Wie ich es noch geschafft habe, die GĂ€ste abzukassieren und die TĂŒr abzuschließen, weiß ich bis heute nicht. Jedenfalls fand ich mich kurz darauf in den Katakomben der Stadthalle wieder – wo mein Magen mit aller Deutlichkeit klarstellte, dass Riesling kein Kneipen-GlĂŒcksspiel ist.

Zwei Tage spĂ€ter, als ich mich langsam wieder an BrĂŒhe und Weißbrot herantastete, war mir klar: Riesling will ernst genommen werden. Er ist kein MitlĂ€ufer im FrĂŒhschoppen, sondern ein Wein, der Aufmerksamkeit, Ruhe und Respekt verdient. Eine Lehrstunde, die ich nie vergessen habe – und vielleicht der Beginn einer lebenslangen Faszination.

RIESLING ist ein unfassbar großes Thema. Seine Vielfalt ist in einem einfachen Blog nicht abbildbar. Hier ein paar Tipps fĂŒr diejenigen unter Euch, die mehr dazu wissen oder gar lernen möchten:

RIESLING

Die ganze Vielfalt der edelsten Rebe der Welt
Christina Fischer, Ingo Swoboda
Hallwag.de; ISBN (13) 978-3-7742-6994-1

RIESLING

Die Rebsorte und ihre Weine
Sabine Rumrich, Ingo Swoboda
Falken; ISBN (10) 3-8068-7596-0

WEIN

André Dominé
h.f.ullmann; ISBN (13) 978-3-8480-0182-8

Taschenbuch der Rebsorten

Heinz Lott, Franz Pfaff, Bernd Prior
Fachverlag Fraund; ISBN (13) 978-3-921156-80-3

WEIN.plus

Wein Plus GmbH, Erlangen
Das Lexikon
Utz Graafmann, Alexander Schreck

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